Politts Tour-Posse mit Kinderrad und Dreirad: "Echt eine Schande"

Mit viel Pech verpasst Nils Politt bei der Tour de France die Chance auf ein Top-Ergebnis. Etappensieger wird der Slowene Matej Mohoric.

Poligny (SID) Während Riesenpechvogel Nils Politt zu allem Überfluss noch quälend lange bei der Dopingkontrolle hockte, absolvierte Rolf Aldag nach der bitteren Tour-Posse um seinen Flucht-Spezialisten einen Kopfschüttel-Marathon. "Da kriegt Nils zwei Ersatzräder - ein Kinderfahrrad, ein Dreirad", sagte der fassungslose Sportliche Leiter des Teams Bora-hansgrohe: "Und bis er dann wieder auf seinem Rad war, ist natürlich Game over gewesen."

Die vergebliche Jagd nach einem deutschen Etappensieg bei der 110. Tour de France ist beim Triumph des Slowenen Matej Mohoric auf dem 19. und drittletzten Teilstück an einem bitteren Tiefpunkt angekommen. Dem Kölner Politt, aussichtsreich in einer Ausreißergruppe platziert, riss 80 km vor dem Ziel die Kette. Boras Team-Fahrzeug, das noch nicht zwischen Flucht- und Hauptfeld vorrücken durfte, konnte kein Ersatzrad bereitstellen. Und damit begann das skurrile Drama.

Das neutrale Service-Fahrzeug des Tour-Ausrüsters Shimano, das in solchen Fällen einspringt, war offensichtlich nicht für die Bedürfnisse des baumlangen Politt ausgerüstet. Drei Bikes boten die "Helfer" an, auf zwei stieg er - und stieg sofort fluchend wieder ab: Politt wirkte wie auf Puky statt auf Shimano, er musste auf das Bora-Mobil warten. Und bis dahin war nicht nur die Spitzengruppe, sondern auch das Hauptfeld vorbeigezogen.

"Das ist echt eine Schande, ich hatte richtig gute Beine", sagte der 29-Jährige, 2021 in Nimes bislang letzter deutscher Etappensieger. Am Freitag war die Chance auf einen erneuten Coup da, zumal auch der nimmermüde Georg Zimmermann in der bärenstarken Ausreißergruppe platziert war. Doch der Augsburger hatte trotz erbitterten Kampfes ebenfalls kein Glück, wurde zumindest starker Elfter. "Ich habe das Beste rausgeholt, aber ich habe mächtig gelitten. Ich war von Anfang in den Fluchtgruppen", sagte Zimmermann.

Mohoric, Teamkollege von Nikias Arndt bei Bahrain-Victorious, siegte in einem wilden Rennen über 172,8 km mit zahlreichen Attacken in der Schlussphase im Sprint einer Dreiergruppe hauchdünn per Tigersprung vor dem Dänen Kasper Asgreen. Dieser hatte am Vortag bei seinem Etappensieg als Ausreißer die Sprintteams düpiert und kratzte an einem erneuten Triumph - doch dann hatte der Slowene eine Schlauchbreite Vorsprung.

Zimmermann, der ebenfalls unermüdlich attackierte, sprintete dahinter um die Top 10, ihm fehlte aber ein wenig die Kraft. "Ich bin wirklich all in gegangen", sagte er.

Wie am Vortag Vierter wurde der belgische Sprintstar Jasper Philipsen, es reichte wieder nicht zum von ihm ersehnten Massenspurt. Am Sonntag hat er beim großen Finale auf den Champs-Elysees noch eine Chance auf den fünften Etappensieg in diesem Jahr - das Grüne Trikot des Punktbesten hat der Belgier sicher, so er denn heil in Paris ankommt.

Tour-Dominator Jonas Vingegaard rollte wie am Vortag im Hauptfeld, das rund sieben Minuten hinter der Rennspitze lag. Auf dem Weg zu seinem zweiten Gesamtsieg muss er nur noch die letzte schwere Bergetappe durch die Vogesen am Samstag überstehen. Bei 7:35 Minuten Vorsprung auf seinen Rivalen kann den Dänen nur noch ein unerhörtes Ereignis die Riesenparty in Gelb am Sonntag in Paris kosten.

Die Etappe mit dem Ziel auf dem Markstein ist auch die letzte kleine Siegchance für einen deutschen Ausreißer. Genug Wut im Bauch dürfte Politt haben.

SID cl nt

An unhandled error has occurred. Reload 🗙