Nächste Führungskrise beim DVV: Präsidium um Hecht räumt das Feld

Ein Jahr vor den Olympischen Spielen steht der Deutsche Volleyball-Verband ohne Führung da. Das Präsidium um Rene Hecht trat nach Kritik aus den Landesverbänden und einer Krisensitzung zurück.

Köln (SID) Monatelang schwelte der Konflikt hinter den Kulissen, jetzt kam es beim Deutschen Volleyball-Verband (DVV) zum nächsten großen Knall. Das Präsidium um den umstrittenen Rene Hecht trat nach einer Revolte geschlossen zurück, die Mehrheit der Landesverbände und die Bundesliga haben dem Führungsteam das Vertrauen entzogen.

"Aufgrund der Entwicklungen der letzten Wochen war das nicht mehr aufzuhalten", sagte Geschäftsführer Kaweh Niroomand vom deutschen Meister BR Volleys dem SID. Der deutsche Volleyball habe "an vielen Stellen nicht nur keine Fortschritte gemacht, sondern Rückschritte. Das soll alles nicht in Abrede stellen, dass das bisherige Präsidium und der Präsident auch einiges erreicht haben."

Ziemlich genau fünf Jahre ist es her, dass Rekordnationalspieler Hecht das Amt übernahm. Nur Stunden nach dem Rücktritt von Thomas Krohne, der damals ebenfalls nach Streitigkeiten hingeworfen hatte. Nun ereilte den 61-Jährigen das gleiche Schicksal.

Seit 2018 habe er den DVV "repräsentieren und modernisieren" dürfen, sagte Hecht, der 2022 wiedergewählt worden war: "Gern hätte ich noch den letzten Satz gespielt und meine Amtszeit 2024 beendet, um die positive Entwicklung der letzten Jahre weiter zu begleiten." Die Vizepräsidenten Volker Schiemenz, Holger Schell und Matthias Hach traten ebenfalls zurück, auch Vorstand Julia Frauendorf geht.

Am 16. Juli hatte der DVV zum "offenen Dialog" mit Vertretern der 17 Landesverbände in Göttingen geladen - der Krisengipfel blieb ohne Erfolg. Der 385-malige Nationalspieler Hecht zog fünf Tage später die Konsequenzen, es blieb ihm aber wohl auch keine Wahl. Der Westdeutsche Verband hatte nach DVV-Angaben mit einem Amtsenthebungsverfahren gedroht.

Ein Jahr vor den Olympischen Spielen steht der Verband ohne Führung da. Sportlich läuft es besonders bei den Männern im Rennen um Punkte für die Weltrangliste auf dem Weg nach Paris nicht rund, die Hoffnung auf eine Rückkehr zu Sommerspielen nach zwölfjähriger Abstinenz schwindet. Den Frauen gelang dagegen mit der erstmaligen Qualifikation für das Finalturnier der Nations League zuletzt ein Highlight. "Ziel muss sein, dass wir 2028 mit beiden Nationalmannschaften bei den Olympischen Spielen dabei sind", so Niroomand: "2024 ist nice to have, aber 2028 ist ein Muss."

Es ist offen, wie es nun personell weitergehen wird. Niroomand forderte "neue Köpfe und neue Energien". Gelingen solle dies, "indem wir über den Tellerrand gucken und die Führung vielleicht nicht unbedingt konservativ besetzen." Zudem stellte Niroomand klar: "Es darf keine Hinterzimmerpolitik mehr geben, wir dürfen kein Kuddelmuddel machen."

Frauendorf kritisierte zum Abschied die Arbeitsbedingungen im Dachverband. "Ich bin unter der Prämisse gekommen, neue Impulse zu setzen, neue Wege zu gehen, den Verband moderner und jünger zu gestalten", sagte die 32-Jährige der Funke Mediengruppe: "Wenn ich zurückblicke, würde ich sagen, ich hatte nie eine Chance, neue Ideen anzugehen."

Stattdessen sei sie vor allem auf konservative Sportstrukturen gestoßen. "Ich war oft die jüngste im Raum, die einzige Frau. Ich bin immer für Transparenz, Beteiligung und Leistung eingetreten. Oft war das nicht gewollt, akzeptiert oder gar geduldet", so Frauendorf: "Es ist auch vorgekommen, dass ich zu wichtigen Terminen keine Einladung hatte, als Tochter vorgestellt wurde oder Entscheidungen ohne mich an der Bar getroffen wurden."

SID us fk

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