Pures Glück in Gelb: Vingegaard nach "verrücktem Kampf" wieder Tour-König

Der Däne Jonas Vingegaard gewinnt mit großen Vorsprung zum zweiten Mal die Tour de France. Und auch das deutsche Team Bora-hansgrohe darf einen Coup feiern.

Paris (SID) Der knallharte Dominator der Tour de France wurde plötzlich ganz weich: Jonas Vingegaard nahm seine Frau Trine innig in den Arm, hob dann Töchterchen Frida zärtlich in die Höhe und genoss das schiere Lebensglück. Am Ende einer Machtdemonstration über 3405 Kilometer durfte der nun zweimalige Sieger des wichtigsten Rennens der Welt an den berühmten Champs-Elysees endlich tief durchatmen.

"Es ist so wunderbar! Ein zweiter Tour-Sieg - und dann sind auch noch so viele Fans aus meiner Heimat hier in Paris. Ich bin einfach nur froh", sagte der 26 Jahre alte Däne, ehe er den Fanmassen und besonders seinen Landsleuten in Frankreichs herausgeputzter Hauptstadt vom Podest aus euphorisch zuwinkte.

Dort hatte zuvor auch Sprinter Jordi Meeus gefeiert - der Belgier hatte dem deutschen Bora-hansgrohe-Team mit dem unerwarteten Sieg auf der letzten Etappe einen Riesencoup beschert. "Wahnsinn, da kriege ich ja Gänsehaut", sagte Teamkollege Nils Politt in der ARD.

Meeus freilich stand bei allem Jubel ganz im Schatten des Mannes, dem das Gelbe Trikot längst zu einer zweiten Haut geworden war - Vingegaard trug es bei einer einzigen Tour so lange wie zuletzt der große Bernard Hinault vor 32 Jahren, nämlich seit Etappe sechs. Dennoch und trotz des Riesenvorsprungs, den er nach Paris trug, war jede Menge Druck vom nur 60 kg schweren Ausnahmeathleten abgefallen.

"Es war ein verrückter Kampf über drei Wochen. Ich habe die Rivalität mit Tadej sehr genossen", sagte Vingegaard mit Blick auf seinen Rivalen Pogacar - der entgegen aller Konventionen sogar auf den Champs-Elysees noch einmal attackierte. Das gehörte aber eher in die Kategorie Entertainment denn Majestätsbeleidigung.

7:29 Minuten betrug schließlich Vingegaards Vorsprung auf den Slowenen, der dennoch über fast zweieinhalb Tour-Wochen ein Konkurrent auf Augenhöhe war. Und der mit seinem zweiten Tagessieg auf der letzten schweren Bergetappe am Samstag nach Le Markstein in den Vogesen einen versöhnlichen Abschluss erreichte - die Tour hatte er mit seinem Einbruch in den Alpen am Mittwoch verloren. "Heute war ich aber wieder ich selbst", sagte Pogacar.

Mit einem deutschen Etappensieg wurde es wie bei der Tour 2022 nichts - Georg Zimmermann und Phil Bauhaus waren bei ihren zweiten Plätzen nah dran. In der Gesamtwertung landete Emanuel Buchmann auf Platz 21.

Sein Kapitän Jai Hindley holte Bora für einen Tag das Gelbe Trikot. Und sorgte für den zweiten Bora-hansgrohe-Etappensieg neben Glückskind Meeus. Der hatte nämlich in Paris Topfavorit Jasper Philipsen um eine Reifenbreite bezwungen. "Mit dem Sieg haben wir überhaupt nicht gerechnet, das ist ein total emotionaler Erfolg", sagte Teamchef Ralph Denk.

Emotional wurde auch Vingegaard nach dem Ende des lange epischen Duells mit Pogacar. Ein Jammer nur, dass diese Tour, die zwei Wochen lang eine Sekundenklauberei war, ihre Spannung nicht ganz bis zum Ende trug - fast der gesamte Zeitunterschied resultierte aus Vingegaards Demonstration beim Bergzeitfahren und Pogacars Einbruch am folgenden Tag. Ansonsten wäre es eine Punktlandung gewesen.

Wie groß Vingegaards Respekt vor den Fähigkeiten seines Rivalen trotz des großen Vorsprungs noch war, zeigte sich auf der letzten schweren Bergetappe am Samstag in den Vogesen. Am Schlussanstieg schaute sich Vingegaard immer wieder nervös nach Pogacar an seinem Hinterrad um, spurtete dann verbissen um jede Sekunde und um Platz zwei - "es ist nie vorbei, bis es wirklich vorbei ist", sagte der Däne.

SID cl ml

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